Hannes Anzengruber (Ja - Jetzt Innsbruck) und Bürgermeister Georg Willi (Grüne)
Hannes Anzengruber (Ja – Jetzt Innsbruck) und Bürgermeister Georg Willi (Grüne).
APA/EXPA/JOHANN GRODER

Innsbruck – Wenig Überraschendes, bekannte Positionen sowie viel Eintracht hat Donnerstagabend, drei Tage vor der Innsbrucker Bürgermeisterstichwahl, eine "Konfrontation" zwischen Bürgermeister Georg Willi (Grüne) und "Ja – Jetzt Innsbruck"-Frontmann Johannes Anzengruber im ORF-Tirol-Landesstudio gebracht. Nur machttechnisch-taktisch gab es – noch – Unterschiede: Willi propagierte erneut eine Mitte-links-Dreierkoalition, wollte Anzengruber festnageln, dieser hielt sich aber alles offen.

Willi betonte einmal mehr, dass sich "mathematisch" und politisch nur eine Mitte-links-Dreierkoalition ausgehe oder, wie er es aufgrund der Farben nennt, eine "Caprese-Koalition". Nämlich eine zwischen den Grünen, der Anzengruber-Gruppe und der SPÖ, die auf 22 von 40 Gemeinderatsmandaten kommt. Nicht zuletzt deshalb habe er auch schon "Sondierungsgespräche" geführt, um danach schneller in der Pipeline befindliche Projekte umsetzen zu können. Dass Anzengruber diese Gespräche unter Verweis auf die bevorstehende Stichwahl abgelehnt habe, sei "okay", so Willi. Ansonsten komme ihm der Ex-ÖVP-Vizebürgermeister aber in Hinsicht auf Koalitionen und politische Ansagen wie eine "Blackbox" vor. "Zu sagen 'Ich sage nix zur FPÖ' – da bleibst du diffus, Hannes. Die Leute wollen auf das eine Antwort haben", meinte er in Richtung seines Herausforderers.

Der Bürgermeister spielte dabei auf eine mögliche Mitte-rechts-Koalition aus "Ja – Jetzt Innsbruck", der FPÖ, Das Neue Innsbruck von Ex-ÖVP-Staatssekretär Florian Tursky sowie der Liste Fritz an. Diese Variante käme auf eine knappe Mehrheit von 21 Mandaten. Sie gilt aber mittlerweile als de facto ausgeschlossen, weil die Liste Fritz nicht Teil einer solchen Koalition sein will.

Anzengruber will "mit allen reden"

Anzengruber, der im Unfrieden von seiner Partei geschieden war und von ihr ausgeschlossen wurde, blieb indes bei seiner Position, dass er nach der Wahl "mit allen reden" und niemanden ausgrenzen wolle, spielte er offenbar unter anderem auf die Absage Willis an eine Zusammenarbeit mit der FPÖ an. Der Amtsinhaber will nicht nur keine Koalition mit den Freiheitlichen bilden, sondern ihnen auch im Stadtsenat – die FPÖ wird dort über einen Sitz verfügen – keine Ressortverantwortung geben. Auf die Frage, ob seine Position damit zu tun habe, dass seine Listenzweite Mariella Lutz mit FPÖ-Vizebürgermeister Markus Lassenberger liiert ist, reagierte Anzengruber verärgert: "Das geht zu weit ins Private. Das gehört sich nicht." Dass er nicht mit Willi sondieren wollte, begründete der frühere Almwirt erneut damit, dass es Aufgabe des dann gewählten Stadtoberhaupts sei, zu solchen Gesprächen und Verhandlungen einzuladen.

Willi begründete seine Haltung gegenüber der FPÖ einmal mehr mit deren "Inhalten". Forderungen wie ein "Migrantenstopp" seien für eine "weltoffene Universitätsstadt" nicht tragbar.

Ringerverein und Wirtschaftsbund

Ansonsten warben der 64-jährige Willi und der 44-jährige Anzengruber entlang der bereits bekannten Linien, um Wähler sowie vor allem Nichtwähler anzusprechen. Anzengruber nannte sich einen "Mann der Mitte", "Bürgerlichen" sowie auch unternehmerisch denkenden Menschen, der in den Stadtteilen ganz nah bei ebendiesen sei. Zudem sei er "unabhängig und parteifrei" und nicht in einem Parteiapparat verhaftet wie Willi. Auf Nachfrage, wie es dann um seine Wirtschaftsbund-Mitgliedschaft stehe, antwortete er, dass er dort nur "außerordentliches Mitglied" sei. Und stellte einen bereits bekannten Vergleich an: Er sei auch bei einem ASKÖ-Ringerverein und deshalb nicht SPÖ-Mitglied.

Willi wollte sich indes Parteien nicht schlechtreden lassen: Zu insinuieren, Parteien seien etwas Negatives, sei falsch: "Parteien sind im Kern Wertegemeinschaften. Ich habe Werte, du hast Werte", erinnerte er den Herausforderer. Ansonsten gab Willi erneut den tatkräftigen Bürgermeister mit vielen Plänen, die er nun umsetzen wolle, nachdem er in den vergangenen sechs Jahre blockiert worden sei: "Es ist so viel passiert, nur es ist viel krankgeredet worden." Lob gab es für seinen gewünschten Koalitionspartner Anzengruber: Mit diesem könne man sich gut einigen und "gute Kompromisse" finden.

Dauerbrenner leistbares Wohnen

Inhaltlich verlief die Diskussion erwartbar. Im Bereich leistbares Wohnen will Willi, dass ein Innsbrucker Haushalt künftig nicht mehr als ein Drittel seines Haushaltseinkommens dafür ausgeben muss. Von 7.000 leerstehenden Wohnungen solle "möglichst viel auf den Markt kommen", hier werde helfen, dass künftig die Länder an den legistischen Hebeln sitzen. Zudem will der Grün-Politiker "Mietzinsbeihilfe ab dem ersten Tag." Anzengruber plädierte weiter für einen "Wohnbaugipfel", will eine klare Richtlinie, was Grundstücksspekulationen betrifft, und Mietkaufmodelle vorantreiben.

Beim Autoverkehr trat Willi erneut für ein flächendeckendes Tempo 30 ein, während Anzengruber ein solches vor allem in Wohngebieten realisiert sehen will. Den gesamten öffentlichen Verkehr plant der Ex-ÖVP-Vize "bis 2030 gratis" zu machen: "Das ist ein Wunsch." Umschichtungen bei den Innsbrucker Verkehrsbetrieben sowie finanzielle Unterstützung von Land und Bund sollen dabei helfen. Willi legt indes einen weiteren Fokus auf den Ausbau von Radwegen – hier sei in der Vergangenheit noch "zu wenig gelungen".

Anzengruber trachtete zudem danach, in den Stadtteilen wieder "Plätze für die Menschen" zu schaffen. Willi will das auch – und die Platzgestaltungen beim Bozner Platz sowie vor der Hofburg endlich umsetzen.

Willi war im ersten Durchgang der Gemeinderatswahl am 14. April mit 22,9 Prozent in Front gelegen. Anzengruber kam auf 19,4 Prozent. (APA, 25.4.2024)