Gastbeitrag: Qi Hui Zhang, Maximilian Forstner

Weibliche Angestellte gibt einer Kollegin ein High Five in einem Meeting
Indem der Blick nach innen gerichtet wird, ist es Unternehmen möglich, die eigenen Mitarbeitenden stärkenbasiert bei Projekten und Themen einzubinden.
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Ein großes Tochterunternehmen des Bundes kämpft momentan mit Personalmangel in verschiedensten Bereichen, besonders IT-Fachkräfte fehlen. Zusätzlich ist die Pensionierungswelle der Babyboomer bereits in vollem Gange und wird die Personalverfügbarkeit in den kommenden Jahren stark beeinträchtigen.

Das ist kein Einzelfall, sondern oftmals die Normalität am heimischen Arbeitsmarkt. Um langfristig die Zukunftsvision eines Unternehmens verwirklichen zu können, gilt es also die bestehenden Mitarbeitenden zu halten und die vorhandenen Fähigkeiten und Kompetenzen bestmöglich zu nutzen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was die erfolgsrelevanten Kompetenzen überhaupt sind. Statt aufwendiger und oft aussichtsloser externer Stellenbesetzung besteht die Königsdisziplin darin, die Potenziale des eigenen Personals optimal zu entwickeln und einzusetzen. Menschen nach ihren Stärken einzusetzen zeichnet erfolgreiche Organisationen aus, und das Werkzeug dazu liefert die strategische Personalplanung.

Strategische Personalplanung meint das proaktive Planen und Steuern der Beschäftigten entlang der Unternehmensstrategie bei fortlaufender Integration der Beschäftigten in den Planungsprozess. Mithilfe dessen kann eine zukunftsfitte Belegschaft geformt werden, die genau jene Fähigkeiten und Kompetenzen hat, die das Leistungsspektrum des Unternehmens künftig benötigt. Strategische Personalplanung ist somit ein dauerhaft wirkungsvolles Werkzeug für Organisationen. Doch wie kann sie pragmatisch umgesetzt werden? Mit den folgenden fünf Fragestellungen und Schritten gelingt es:

1. Welche strategischen Ziele werden verfolgt? (Klärung von Ausgangslage und Berücksichtigung strategischer Aspekte)

2. Welche Fähigkeiten und Kompetenzen gibt es derzeit im Unternehmen? (Ist-Erhebung des Personalstands)

3. Welche Fähigkeiten und Kompetenzen werden in Zukunft benötigt? (Ermittlung des Soll-Bilds)

4. Wo gibt es Lücken und Bedarf? (Abgleich von Ist- und Soll-Zustand)

5. Was braucht es, um die Lücken zu schließen? (Veränderung initiieren durch das Ableiten von Maßnahmen)

Für Unternehmen erweist sich gerade der dritte Schritt, also die Ermittlung des Soll-Bilds und das Gestalten von Zukunftsszenarien, als herausfordernd. Hierfür eignet sich unter anderem das Instrument der Trendanalyse, um Trends am (Arbeits-)Markt und in der Gesellschaft frühzeitig aufzudecken und somit unter Berücksichtigung der strategischen Ausrichtung zielgerichtet zu definieren, welche Fähigkeiten und Kompetenzen zukünftig notwendig werden. Ein zentraler Aspekt bei Schritt drei ist auch die Vereinfachung von Rollen und Tätigkeiten mithilfe von Jobfamilien. Sie bündeln ähnliche Funktionen mit verwandten Aufgaben, unabhängig von Hierarchien, um so die Anzahl der Stellenprofile zu reduzieren und eine handhabbare Struktur für die Organisation zu schaffen.

Klarheit der Rollenprofile

Das schafft nicht nur Transparenz in der Organisationsstruktur und Standardisierung im Personalmanagement, sondern entlastet ebenso die Führungskräfte. Denn die entstandene Klarheit in den Rollenprofilen innerhalb der Jobfamilien ermöglicht langfristig ein nachhaltiges Talentmanagement. Durch das festgelegte Soll-Bild kann der zukünftige Bedarf an Fähigkeiten und Kompetenzen dem Top-Management kommuniziert werden, Führungskräfte werden gezielt auf operativer Ebene entlastet und können ihren Fokus auf strategische Aufgaben legen.

Eine Unterstützung im Kompetenzmanagement bieten hierbei Kompetenzmodelle. Für die Erfassung der bestehenden Fähigkeiten und Kompetenzen sowie Interessen der Mitarbeitenden über alle Hierarchieebenen hinweg haben sich Self-Service-Portale etabliert, in die sich Mitarbeitende fortlaufend selbstständig eintragen.

Der Blick nach innen

Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung der strategischen Personalplanung sind ein vorausschauendes Handeln sowie Offenheit und Flexibilität. Indem der Blick nach innen gerichtet wird, ist es Unternehmen unter anderem möglich, die eigenen Mitarbeitenden stärkenbasiert bei Projekten und Themen einzubinden.

Unter Berücksichtigung der individuellen Entwicklungspfade wird die Mitarbeitendenbindung und -zufriedenheit automatisch gestärkt. Denn damit wird der Ausbau von Kompetenzprofilen zum Selbstläufer, und Mitarbeitende nehmen ihre Weiterentwicklung selbst in die Hand. Darüber hinaus wird der jährliche Personalbudgetierungsprozess durch den rollierenden Abgleich an Kompetenzen und Bedürfnissen aufgewertet und konkreter.

Auch wenn die strategische Personalplanung mit einem gewissen Initialaufwand verbunden ist, so liefert sie ein wirkungsvolles und zukunftsorientiertes Instrument für Unternehmen. Durch die permanente Überprüfung und den Abgleich vorhandener Potenziale der eigenen Mitarbeitenden und benötigter Fähigkeiten und Kompetenzen können Unternehmen resilient und agil in die Zukunft schreiten. Mitarbeitende spüren den Erfolg schnell, da sie bei den Themen eingesetzt werden, die ihnen liegen und Spaß machen.

Retention ist das neue Recruiting. Mehr Klarheit über das Können und Wollen aus beiden Perspektiven – Unternehmen und Mitarbeitende – ist der Grundstein für attraktive und erfolgreiche Arbeitgebende. (Qi Hui Zhang, Maximilian Forstner, 23.8.2023)