Elon Musk betonte gegenüber Investoren, dass Tesla kein Autohersteller sei.
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Tesla hat am Dienstag bekanntgegeben, dass das Unternehmen alle Mitarbeiter der Teams für neue Fahrzeuge und Supercharger entlassen wird. Seitdem rätselt die Fachwelt darüber, was CEO Elon Musk zu diesem Schritt veranlasst hat. Das Supercharger-Netzwerk war einer der wenigen Lichtblicke im Quartalsbericht des Elektroautobauers. Analysten gingen davon aus, dass das Geschäft mit den Ladestationen bis zu 20 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr generieren könnte.

Die Supercharger-Abteilung trug dazu bei, dass die Service-Einnahmen des Unternehmens im ersten Quartal um 25 Prozent auf 451 Millionen US-Dollar stiegen. Das Netzwerk wird weithin als ein Eckpfeiler des US-Infrastrukturplans für Elektrofahrzeuge angesehen.

Tesla kassiert Förderungen

Während das Supercharger-Geschäft zurückgefahren wird, ist Tesla gleichzeitig einer der größten Nutznießer, wenn es um staatliche Förderungen geht. Kein Unternehmen kassiert in den USA so viele Subventionen zur Errichtung von Ladepunkten für Elektroautos wie Tesla. Von allen bisher vergebenen Zuschüssen für das Laden von Elektrofahrzeugen hat Tesla einem Bericht von Politico zufolge fast 13 Prozent erhalten, insgesamt mehr als 17 Millionen Dollar.

Ironischerweise kritisierte Elon Musk die US-Regierung unter Präsident Joe Biden scharf, nahm aber Förderungen bereitwillig entgegen. Musk twitterte mehrmals, dass Biden die USA ruiniere, und bezeichnete ihn als "feuchte Sockenpuppe in Menschengestalt". Gleichzeitig verbreitete Musk rechtsextreme und rassistische Verschwörungserzählungen, etwa jene vom Bevölkerungsaustausch. Ein Verhalten, das nachweislich ein schlechtes Licht auf die Marke Tesla wirft.

Die Tesla-Investoren dürften mit einer weiteren Sparmaßnahme von Elon Musk nicht zufrieden sein, denn auf der Liste der gefeuerten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht auch das Team für Produktneuentwicklungen. Dessen Job war es eigentlich, ein neues, günstiges und damit massentaugliches Elektroauto für den Preisbereich deutlich unter 30.000 Dollar zu entwickeln. Seit mehr als einem Jahrzehnt kündigt Musk das oft als "Model 2" bezeichnete günstige Elektrofahrzeug an. So auch in der Vorwoche, als der CEO den Verkaufsstart des günstigen Kleinwagens für das Jahr 2025 in Aussicht stellte und Gerüchten widersprach, wonach die Entwicklung des Kleinwagens gestoppt wurde.

Kein Gigacasting aus einem Guss

Die Kleinwagenpläne haben nun mindestens einen herben Rückschlag erlitten, wie Reuters berichtet. So hat sich Tesla von der nächsten Generation der Gigacasting-Fertigung verabschiedet, wie Reuters vermeldet. Dabei handelt es sich um eine Fertigungsmethode, um Unterböden von Autos mithilfe von Gussformen aus einem Stück herzustellen. Damit sollten vor allem die Produktionskosten des Model 2 deutlich gesenkt und so der Preis des Kleinwagens möglichst weit nach unten gedrückt werden.

Tesla kehrt nun zur bisher praktizierten Methode zurück, den Unterboden zu fertigen: Dieser wird in drei Teilen hergestellt, indem die Front- und die Heckpartie im Gigacasting-Verfahren hergestellt und anschließend mit einer Mittelsektion aus Aluminium und Stahl verbunden werden. Die Mittelsektion ist es auch, die später im Fertigungsprozess die Akkus aufnimmt, heißt es in dem Bericht. Diese Methode wurde bereits beim Model Y und dem Cybertruck praktiziert.

Seit Musks Ankündigung, bis zu 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kündigen, rätselt die Fachwelt, wie es mit dem Elektroautobauer weitergeht. Tesla steckt in einer Krise, weil die Nachfrage nach Elektroautos schwindet, was nicht zuletzt an den hohen Preisen solcher Fahrzeuge liegt. Gleichzeitig wird die Konkurrenz aus China immer stärker und drängt nun auch auf den europäischen Markt.

Einen Ausblick auf die künftige Strategie gab Musk während einer Investorenkonferenz Ende April. Wer Tesla als Autohersteller sehe, der liege falsch, sagte der CEO. Musk scheint mehr auf Full Self-Driving zu setzen und brachte einmal mehr seine Idee, eine gigantische Robotertaxi-Flotte zu bauen, ins Spiel. "Wenn jemand meint, Tesla könne das Problem der Autonomie nicht lösen, sollte er kein Investor dieser Firma sein", so Musk.

Die Erfolgsbilanz spricht aber aktuell noch gegen eine riesige Flotte aus Tesla-Taxis. Die aktuellen Autopilot- und Full-Self-Driving-Funktionen von Tesla werden mit insgesamt 13 tödliche Unfällen in Verbindung gebracht. Das Unternehmen hält seine Kunden dazu an, ihre Fahrzeuge jederzeit zu überwachen, da sie nicht wirklich autonom sind. Vor kurzem rügte die US-Verkehrsbehörde (National Highway Traffic Safety Administration, NHTSA) Tesla. Das Unternehmen habe nur "unzureichende" Maßnahmen getroffen, die sicherstellen sollen, dass die Fahrer bei der Nutzung dieser Funktionen aufmerksam sind. Verglichen mit der Fahrassistenzsoftware anderer Autohersteller sei Tesla ein "Ausreißer", urteilte die NHTSA.

"Verwirrende" Strategie

Die aktuelle Strategie von Musk nennt Forbes "verwirrend". Das Verhalten des Milliardärs erinnere an eine literarische Vorlage, weshalb in dem Bericht von "Dr. Elon und Mr. Musk" die Rede ist. Die Vorstellung des Robotertaxis von Tesla hat Musk für den 8. August angekündigt. Auch das Supercharger-Netzwerk lässt Musk laut eigenen Aussagen nicht fallen, es werde nur langsamer wachsen, weil der Fokus künftig auf die Entwicklung der bestehenden Standorte liege, teilte Musk auf seiner Social-Media-Plattform X, vormals Twitter, mit. (pez, 2.5.2024)