Simonetta Prindl vom ASV Wien setzt zum Wurf an. Und das verheißt nichts Gutes für die Gegnerinnen.

Was versteht man in Österreich unter Wasserball? Nun, Simonetta Prindl hat schon einiges zu hören bekommen. "Manche halten den Sport für eine Art Volleyball im Schwimmbad", sagt die Wienerin. "Sie denken, dass man im Becken stehen kann." Beides ist falsch. Erstens muss der Ball im Tor untergebracht werden. Zweitens muss man sich schwimmend an der Oberfläche halten. Und drittens geht es vor allem unter Wasser richtig zur Sache. Bevor Bud Spencer in seinen Filmen Stereowatschen verteilte, war Carlo Pedersoli als Wasserballer tätig. Alles kein Zufall.

"Ein bisschen Wrestling ist dabei. Der Schiedsrichter sieht kaum, was unter Wasser passiert", sagt Prindl. "Das bekommt man vor allem international zu spüren. Treten, festhalten, Finger verdrehen." Versteckte Fouls sind, wenn man so will, Part of the Game. Auch die 31-Jährige zupft an den Badeanzügen ihrer Konkurrentinnen. Prindl ist, das will sie selbst nicht bestätigen, Österreichs beste Wasserballerin. In Jugendjahren zog sie im Schwimmbecken ihre Längen, doch die Lust am Kachelnzählen war vergänglich. Also warum nicht Wasserball? "Das Gemeinsame hat mir gleich getaugt."

Pendeln nach Griechenland

Prindl ist eine sportliche Pendlerin. In Österreich spielt sie für den Arbeiter-Schwimm-Verein Wien (ASV), in Griechenland tritt sie für Iraklis Thessaloniki an. Weil man von Toren nicht leben kann, arbeitet Prindl hauptberuflich als Lehrerin an einer Wiener Schule. Ihre Gegenstände sind Biologie und Umweltbildung sowie Bewegung und Sport. Wie bekommt man das alles unter eine Badekappe? "Vollzeitarbeit und nebenbei Leistungssport – da bleibt nicht viel Zeit für anderes", sagt Prindl. Da sie nicht jedes Training beim ASV wahrnehmen kann, hält sie sich nebenbei im Stadthallenbad fit: "Die Jahreskarte habe ich selbst bezahlt."

Die finanzielle Unterstützung für den Sport ist in Österreich vernachlässigbar. Also müssen sich die Frauen anders helfen. Um dem Nationalteam Mitte Mai eine Teilnahme am "World Aquatics Beach Games Water Polo Qualification Tournament" in Ägypten zu ermöglichen, wurde über gofundme.com eine Kampagne eingerichtet. Das ambitionierte Spendenziel von 17.000 Euro soll die Kosten für Reise, Unterkunft und Betreuung abdecken. Bisher sind 3700 Euro eingegangen. Nicht nur geprüfte Buchhalter erahnen an dieser Stelle: Es schaut nicht gut aus.

"Der Eigenkostenbeitrag wäre momentan zu hoch", sagt eine leicht enttäuschte Prindl. In Österreichs Nationalteam spielen einige Schülerinnen und Studentinnen, die können den Trip ans Rote Meer nicht aus eigener Tasche bezahlen. Also muss man sich nach Alternativen umsehen. Im Spätsommer wird ein Turnier in Spanien ausgerichtet. Auch dort könnte die gesuchte Herausforderung gefunden werden, und zwar kostengünstiger. Ziel der Wasserballerinnen bleibt es, internationalen Größen in einer schnelleren, komprimierten Variante des Sports, dem Beachwasserball, die Stirn zu bieten.

Mangelnde Konkurrenz

1931 wurden Österreichs Männer EM-Dritte, 1952 war Österreich im Wasserball zuletzt olympisch vertreten. Seither fristet der Sport hierzulande ein Schattendasein. Die Bundesliga der Frauen wurde gar erst 2004 eingeführt. Derzeit nehmen zwei Teams an der Meisterschaft teil: der ASV Wien und der WBC Tirol. Im schlimmsten Fall wird man also Vizemeister. Warum die Konkurrenz in Österreich so dünn gesät ist? "Es gibt viel zu wenig Trainingsmöglichkeiten. In einer Stadt wie Wien fehlen grundsätzlich die Wasserflächen. Und in Klagenfurt haben sie überhaupt das Hallenbad dichtgemacht."

Der hiesige Mangel an Konkurrenz hat Prindl das Angebot aus Thessaloniki annehmen lassen. Griechenland gehört im Wasserball zur Weltklasse. Aber auch dort wird man mit dem Sport nicht reich. Um Kosten zu sparen, übernachtet Prindl bei ihren griechischen Teamkolleginnen. Auch die Flüge finanziert sie teilweise selbst: "In Griechenland sind die finanziellen Möglichkeiten auch begrenzt. Ich hätte ein schlechtes Gewissen, wenn ich alle Kosten verrechnen würde." Es ist die Leidenschaft zum Spiel, die Prindl antreibt: "Die Ausdauer, die Schnelligkeit, der Teamgeist – was soll man machen? Ich liebe diesen Sport." (Philip Bauer, 8.5.2024)