Rishi Sunak und Paul Kagame
Rishi Sunak und Paul Kagame. Die Regierungschefs aus Großbritannien und Ruanda wollen bei Asylwerbern stärker zusammenarbeiten.
IMAGO/Thomas Krych

London – Großbritannien hat einem Medienbericht zufolge den ersten abgelehnten Asylbewerber im Rahmen eines freiwilligen Programms nach Ruanda abgeschoben. Der namentlich nicht genannte Mann sei am Montag aus dem Land geflogen worden, berichtete die Zeitung "The Sun" am Dienstag. Das freiwillige Programm unterscheidet sich von dem umstrittenen Zwangsabschiebeplan, den der konservative Premierminister Rishi Sunak vergangene Woche nach langem Streit im Parlament durchgesetzt hatte.

Umstrittener Zwangsabschiebeplan

Letzterem Programm zufolge können Asylsuchende unabhängig von ihrer Herkunft und ohne Prüfung ihres Asylantrags in den als sicheres Drittland eingestuften afrikanischen Staat abgeschoben werden. Im Rahmen des freiwilligen Programms erhält jeder Asylsuchende jedoch bis zu 3.000 Pfund (3.509,06 Euro) für die Ausreise nach Ruanda. Damit will die britische Regierung die Zahl der Personen reduzieren, die in den vergangenen Jahren ins Land gekommen sind. "Dieses Abkommen ermöglicht es Menschen ohne Einwanderungsstatus in Großbritannien, in ein sicheres Drittland umgesiedelt zu werden, wo ihnen geholfen wird, ihr Leben wieder aufzubauen", sagte ein Regierungssprecher.

Wie die "Sun" am Dienstagabend berichtete, reiste der aus einem ungenannten afrikanischen Staat stammende Mann am Montag per Linienflug nach Ruanda. Dort habe er rund 3.000 Pfund als Startgeld aus der britischen Staatskasse erhalten. Dem Sender Sky News wurde der Bericht aus Regierungskreisen bestätigt.

Die Aktion ist nicht Teil des viel kritisierten Plans der britischen Regierung, irregulär eingereiste Asylbewerber ungeachtet ihrer Herkunft zu Tausenden nach Ruanda abzuschieben. Die "Sun" sprach dennoch von einem historischen Moment, der zeige, dass es möglich sei, Asylsuchende in einen Drittstaat abzuschieben. Dagegen kritisierte die oppositionelle Labour Party, es handle sich um eine PR-Aktion im Wahlkampf.

Labours orten "verzweifelte" Tories

"Die Tories sind so verzweifelt, irgendeinen Flug vor den Kommunalwahlen nach Ruanda zu schicken, dass sie nun jemanden bezahlt haben, um dorthin zu fliegen", sagte die innenpolitische Labour-Sprecherin Yvette Cooper. Bei den Kommunalwahlen in England an diesem Donnerstag droht Sunaks Konservativer Partei eine herbe Niederlage.

Kritiker sehen im Ruanda-Abschiebungsplan der britischen Regierung einen Bruch internationaler Regeln. Premier Sunak kündigte vergangene Woche an, dass die ersten Abschiebeflüge in das afrikanische Land in zehn bis zwölf Wochen abheben sollen. Allerdings kennen die Behörden die Aufenthaltsorte von mehr als 3.500 der zunächst für eine Abschiebung vorgesehenen 5.700 Menschen offenbar nicht, wie die Zeitung "The Times" berichtete.

In den vergangenen Jahren sind Zehntausende Migranten nach Großbritannien gekommen, viele auf der Flucht vor Krieg und Armut in ihren Heimatländern in Asien, Afrika und dem Nahen Osten. Oft nehmen sie den riskanten Weg über den Ärmelkanal in kleinen Booten. Organisiert wird die Überfahrt häufig von Schlepperbanden. Die Regierung will die Einwanderung eindämmen und setzt damit eines ihrer zentralen Wahlversprechen um. Das Gesetz sieht vor, dass nach dem 1. Jänner 2022 auf illegalem Weg Eingereiste in das mehr als 6.000 Kilometer entfernte Ruanda geschickt werden können. Nach offiziellen Angaben sind seitdem mehr als 50.000 Menschen nach Großbritannien gekommen. (APA, 1.5.2024)