Nach dem Blutrausch fuhr der Schulbus vor. "Hey, wo ist Cricket?", habe ihre Tochter Kennedy sie nach dem Aussteigen gefragt, schreibt die Gouverneurin von South Dakota, Kristi Noem, in ihrer Autobiografie. Doch da war der 14 Monate alte Familienhund schon tot. Noem hatte ihn, wie sie im Buch beschreibt, zunächst erschossen und dann in einer Schottergrube entsorgt. Wenig später ereilte eine Ziege auf der Farm das gleiche Schicksal. Von beiden Tieren hatte sich Noem zuvor provoziert gefühlt. Cricket sei schwer zu trainieren gewesen, habe eine Fasanjagd durch Herumtollen gestört ("ein Bild purer Freude"). Dann habe der Hund auch noch ein Huhn gerissen, dessen Tod Noem sehr detailliert beschreibt. Die Ziege, der im Buch eher eine Nebenrolle zukommt, habe gestunken. Angeblich soll sie auch auf Kinder losgerannt sein.

Kristi Noem und Donald Trump.
Trump/Noem im Doppelpack: Das erhofft sich die Gouverneurin von South Dakota (links) für den US-Wahlkampf 2024.
REUTERS/Jonathan Ernst

Noem, die als eine Favoritin für die Vizepräsidentschaftskandidatur mit Donald Trump gilt, stellt ihr Verhalten im Buch als eine Art von Charakterstärke dar, berichtet der Guardian, der das Werk vorab erhalten hat. Man müsse im Leben und in der Politik auch Dinge tun, die "schwierig, schmutzig und hässlich" seien: Das soll die Moral der Geschichte sein. Nicht auszuschließen ist aber, dass Noem mit der Erzählung in Wahrheit eher Gegnern zuvorkommen will. Denn Berichte darüber, dass die heute 52-Jährige einst in einem Wutanfall mehrere Tiere erschossen habe, gibt es schon länger. Noem deutet in ihrer Erzählung auch bereits selbst an, dass es Zeugen ihrer Tötungsserie gibt: Nach getaner Arbeit an der Schottergrube habe sie bemerkt, dass eine Gruppe verblüffter Bauarbeiter das Schauspiel beobachtet habe. Diese hätten sich dann aber schnell wieder umgedreht.

Zahlreiche Kritikpunkte

Am Verhalten der Republikanerin, die seit 2019 den Präriestaat regiert und zuvor zehn Jahre lang Abgeordnete war, gibt es schon seit geraumer Zeit Kritik. Noem war unter anderem als eine der glühendsten Verfechterinnen von Donald Trumps Lügen über die angeblich gestohlene Präsidentschaftswahl 2020 hervorgetreten. Im Konflikt steht sie schon seit geraumer Zeit mit Vertretern der Sioux in ihrem Bundesstaat, denen sie einst vorwarf, sich nicht um das Wohlergehen ihrer Kinder zu sorgen. Seither darf sie die von diesen verwalteten Gebiete nicht mehr betreten.

Das hinderte sie allerdings nicht daran, 2021 Steuergeld in ein letztlich erfolgloses Gerichtsverfahren zu investieren, mit dem sie das Recht erstreiten wollte, im Feuerschutzgebiet rund um Mount Rushmore seit 2009 behördlich untersagte Feuerwerke am 4. Juli wieder abzuhalten. Eine Anti-Drogen-Kampagne mit dem zweideutigen Namen "Meth. We're on it" verantwortete und verteidigte sie 2019. Auf Twitter führte sie einst stolz einen Flammenwerfer vor, den Mitarbeiter ihr als Weihnachtsgeschenk übergeben hatten. Einen Plan, ihre Gouverneursresidenz zum Preis von 400.000 Dollar zu renovieren, musste sie nach Protesten absagen, was sie allerdings durch den Kauf indischer Teppiche, einer Sauna und von Kronleuchtern für insgesamt fast 70.000 Dollar ausglich.

Viele Vize-Kandidaten

Noem gilt zwar als heißer Tipp für die Vizepräsidentschaftskandidatur unter Donald Trump, sie ist allerdings bei weitem nicht die einzige Kandidatin. Robert F. Kennedy, Verschwörungstheoretiker und unabhängiger Kandidat um die US-Präsidentschaft, betonte zuletzt etwa mehrfach, er sei von Trump-Vertretern gefragt worden und habe abgelehnt. Als mögliche Kandidaten, sollte Trump stärker in Richtung Partei-Mainstream wirken wollen, gelten auch seine Primary-Gegner Ron DeSantis und Nikki Haley – deren Zustimmung im Falle eines Angebots aber als fraglich gilt. Vivek Ramaswamy, jünger und politisch noch radikaler als Trump, gilt ebenfalls als möglicher Anwärter. Als solcher käme zudem der von Geschäftsmann Peter Thiel geförderte US-Senator J.D. Vance aus Ohio infrage, der einst als Kritiker Trumps galt, diesen mittlerweile aber unterstützt. Nicht völlig dem Reich des Absurden sind laut Medienberichten auch Spekulationen zuzuordnen, Trump würde eine Vize-Kandidatur von TV-Moderator Tucker Carlson erwägen.

Noem dürfte sich mit der Beichte über ihre Tier-Erschießungen vorerst keinen Gefallen getan haben. Auch von konservativer Seite fanden sich, zumindest zunächst, wenige, die bereit waren, das Handeln der waffenbegeisterten Spitzenpolitikerin zu unterstützen. (Manuel Escher, 30.4.2024)