Studierende blockieren den Eingang der Hamilton Hall.
AP/Marco Postigo Storel

New York / Washington – Angesichts der weiter eskalierenden pro-palästinensischen Proteste an der New Yorker Columbia University hat die Hochschule Studenten wegen der Besetzung eines Gebäudes mit Exmatrikulation gedroht. "Wenn sie so weitermachen, wird das klare Konsequenzen haben", erklärte Universitätssprecher Ben Chang am Dienstag. Die Studenten hätten sich "für eine Eskalation entscheiden" und unter anderem Türen und Fenster eingeschlagen und Eingänge blockiert.

Weiter hieß es, den Demonstranten sei "die Möglichkeit gegeben worden", das Gebäude friedlich zu verlassen, was diese jedoch abgelehnt hätten. Dienstagfrüh (Ortszeit) hatten mehrere maskierte Menschen Fenster an der renommierten Universität eingeschlagen und Türen mit Metalltischen blockiert. Zuvor hatte die Verwaltung der Hochschule damit begonnen, einzelne Studenten zu suspendieren.

Gebäude besetzt

Universitätssprecher Chang verwies darauf, dass die Störungen auf dem Campus ein "bedrohliches Umfeld" für viele der jüdischen Studierenden und Angestellten geschaffen hätten und die Lehrtätigkeit sowie das Lernen für die Abschlussprüfungen behinderten.

In der Nacht auf Dienstag (Ortszeit) drangen Demonstrierende in ein Gebäude ein, wie US-Medien berichteten. Es handle sich um die Hamilton Hall, die auch 1968 während eines Protests gegen den Vietnamkrieg besetzt worden war. Auf Videos ist zu sehen, wie vermummte Personen mit schwarz-weißen Palästinensertüchern Fenster einschlagen und den Eingang des Gebäudes mit Sesseln und Tischen verbarrikadieren. Nach Angaben der Studierendenzeitung Columbia Spectator befanden sich mehrere Dutzend Protestierende in der Hamilton Hall. Hunderte weitere demonstrierten demnach vor dem Gebäude. Die Polizei halte sich außerhalb des Universitätsgeländes für den Fall bereit, dass es Verletzte gebe.

Suspendierungen am Montag angekündigt

Die Studierendengruppen "Columbia Students for Justice in Palestine" und "Columbia University Apartheid Divest" kündigten an, die Hamilton Hall nicht zu verlassen, bis ihre Forderungen erfüllt würden. "Ein Gebäude zu besetzen, ist ein geringes Risiko im Vergleich zum täglichen Widerstand der Palästinenser im Gazastreifen", hieß es in einer auf der Plattform X, früher Twitter, verbreiteten Stellungnahme. Die Columbia empfahl Studierenden und Mitarbeitern, aus Sicherheitsgründen am Dienstag nur in dringenden Fällen den Campus aufzusuchen.

Demonstrierende schwenken palästinensische Flaggen.
Demonstrierende schwenken palästinensische Flaggen.
IMAGO/ZUMA Wire

Am Montag hatte die Universität angekündigt, Studentinnen und Studenten zu suspendieren, wenn sie ein Protestcamp auf dem Universitätsgelände nicht bis zum Nachmittag verlassen. Die Demonstrierenden kritisieren das Vorgehen Israels im Gazakrieg und fordern Solidarität mit den Palästinensern. Außerdem verlangen sie von ihrer Hochschule, finanzielle Beziehungen mit Israel zu beenden. Die Universität lehnte das am Montag ab. Man habe begonnen, Studenten zu suspendieren, erklärte ein Uni-Vertreter am Montag. Das sei Teil der nächsten Phase, um die Sicherheit auf dem Campus zu gewährleisten.

Keine Auflösung des Camps

Universitätspräsidentin Minouche Shafik hatte am Montag mitgeteilt, die tagelangen Verhandlungen zwischen beiden Seiten seien ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Sie appellierte an die Demonstrierenden, ihr Camp freiwillig zu räumen – dem kamen die Protestierenden jedoch vorerst nicht nach. Die ihnen gesetzte Frist verstrich, ohne dass es Anzeichen für eine Auflösung des Camps mit 200 Menschen gab. In einer nach Ablauf der Frist von einem Studenten verlesenen Erklärung war von Angstmacherei die Rede. Die Protestteilnehmer würden nicht gehen, bis die Universität ihren Forderungen nachkomme oder sie gewaltsam weggebracht würden.

Die Universitätsleitung hatte seit vergangenem Mittwoch mit den Demonstranten verhandelt. Ein zentrales Streitthema war die Forderung der Protestierenden, dass die Columbia University sich von Unternehmen mit Verbindungen zu Israel trennen müsse. In ihrer Erklärung am Montag machte Shafik deutlich, dass die Universität nicht die Absicht habe, "Investitionen aus Israel abzuziehen". In den Gesprächen habe die Hochschulleitung jedoch angeboten, die Transparenz über die von der Universität getätigten Investitionen zu erhöhen und Vorschläge der Studierenden für "sozial verantwortungsvolles Investieren" beschleunigt zu prüfen.

Mitte April hatte die Hochschule die Polizei auf den Campus gerufen, um gegen die Proteste vorzugehen. Dabei wurden mehr als 100 Personen festgenommen. Die propalästinensischen Proteste weiteten sich daraufhin auf andere Hochschulen im ganzen Land aus. Am vergangenen Wochenende löste die Polizei Protestcamps an mehreren US-Hochschulen auf, teils unter Einsatz von chemischen Reizstoffen und Tasern. Rund 275 Protestierende wurden festgenommen, darunter allein 100 an der Northeastern University in Boston. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden rief die Protestierenden zum Gewaltverzicht auf. Die Organisatoren der Proteste weisen den Vorwurf des Antisemitismus zurück. (APA, 30.4.2024)