Wollen die USA die besondere Bedeutung eines Verbündeten betonten, dann gibt es im Weißen Haus ein Staatsbankett. Zuletzt trifft diese Ehre auffallend oft Regierungschefs aus Ostasien. So war es vor einem Jahr, als Präsident Joe Biden Südkoreas Präsidenten Yoon Suk-yeol mit allerhand US-Kitsch bedachte und die enge Verbindung zwischen Washington und Seoul auch mit Hinweisen auf den Atomschutzschild unterstrich. Und so war es auch in der Nacht auf Donnerstag, als Japans Premier Fumio Kishida im Weißen Haus zu Gast war. Dieser erhielt das Gemälde eines japanischen Kirschbaums vor dem Weißen Haus, unterschriebene Musikalben und Fußbälle – und vor allem die noch einmal verstärkte Zusicherung der USA, Japan im Fall eines Angriffs zu verteidigen.

Joe Biden und Fumio Kishida stoßen auf die Partnerschaft an.
IMAGO/Yuri Gripas

Die beiden üppig inszenierten Treffen im Jahresabstand dienen einem ähnlichen Zweck: Die USA versuchen unter Biden, ihren Partnern in Asien gegen das aufrüstende China den Rücken zu stärken. Weil Südkorea zusätzlich mit vermehrtem Druck aus Pjöngjang zurechtkommen muss, war Yoon schon vor einem Jahr zu Gast.

Doch auch das, was Biden Mittwochabend dem Gast aus Tokio zusagte, kann sich sehen lassen: Japan und die USA wollen beim Bau von Raketen zusammenarbeiten und gemeinsam Kampfpiloten ausbilden, außerdem soll Tokio in ein Forum zur Kooperation in der Verteidigungsindustrie aufgenommen werden. Darüber hinaus wollen die USA einen japanischen Astronauten oder eine Astronautin bei ihrer Artemis-3-Mission, die derzeit für das Jahr 2026 geplant ist, mit auf den Mond nehmen. Es wäre der erste Mensch ohne US-Staatsbürgerschaft auf dem Erdtrabanten.

Bongbong in Washington

Der ganz große Wurf, den die USA im Vorfeld angekündigt hatten, ist es noch nicht geworden. Die Aufnahme Japans in das Verteidigungsbündnis Aukus (derzeit USA, Großbritannien, Australien) soll nun nur "untersucht", nicht aber schon durchgeführt werden. Der Plan, den die USA offenbar vor einigen Monaten ventiliert hatten, war dem Vernehmen nach an Australien gescheitert, das um die heikle Kooperation bei Bau und Verkauf von Atom-U-Booten fürchtet, die für Canberra ein dringender Grund waren, der Allianz überhaupt beizutreten.

Doch dass die Kooperation mit Japan vertieft werden soll, ist offensichtlich. Und die Signale sind auch in Tokio selbst längst angekommen: Kishida hat seit seinem Amtsantritt 2021 die Ausgaben für Rüstung und militärische Entwicklung weiter erhöht. Er setzt damit fort, was unter seinem Vorgänger Shinzo Abe und der Abwendung von Japans pazifistischer Grundausrichtung in den frühen 2010er-Jahren begonnen hat.

Gemeinsam haben Aukus und auch die verstärkte Partnerschaft zwischen Washington und Tokio jedenfalls den Adressaten: China und dessen zunehmend aggressives Auftreten in der Region. Das belegt auch die geplante Anwesenheit eines weiteren Gastes in Washington, der im Lauf des Donnerstags zu den beiden hinzustoßen sollte. Der philippinische Präsident Ferdinand "Bongbong" Marcos Jr. wollte gemeinsam mit Biden und Kishida nicht nur über geplante gemeinsame Manöver im Südchinesischen Meer, sondern auch über eine erweiterte Kooperation in anderen militärischen Bereichen sprechen.

Protest gegen das Treffen zwischen Biden, Kishida und Marcos in Manila.
REUTERS/Lisa Marie David

Marcos, Sohn des einstigen Diktators gleichen Namens, hat die Politik in Manila nach der Amtszeit seines chinafreundlichen Vorgängers Rodrigo Duterte wieder stark in Richtung der USA manövriert. Immer wieder gab es zuletzt Zusammenstöße zwischen der philippinischen und der chinesischen Marine rund um Riffe und Inseln im Südchinesischen Meer.

"Was, wenn Trump?"

Die eifrigen Bemühungen haben auch damit zu tun, dass die USA in Asien – anders als mit der Nato in Europa – zwar über mehrere enge Verbündete, nicht aber über eine gemeinsame Verteidigungsarchitektur verfügen. Washington hat stattdessen ein kompliziertes Netz an Verträgen mit den einzelnen Staaten. Und genau diese wären, so die Befürchtung, für einen ins Amt zurückgekehrten Präsident Donald Trump womöglich noch leichter wieder aufzulösen als das amerikanische Nato-Engagement. Die Treffen fallen also auch in jenen Bereich der Politik, der in Washington als "Trump-Proofing" bezeichnet wird – die Bestrebungen, möglichst große Teile der Innen- und Außenpolitik vor dem Eifer Trumps zu schützen.

Dass man zumindest in Japan nicht zwingend von einem Erfolg dieser Bemühungen ausgeht, zeigt ein sprachliches Phänomen, über das der "Economist" jüngst berichtet hat. Das britische Magazin schreibt, man arbeite in Tokios Ministerien mittlerweile mit verkürzten Phrasen, weil die Sorge vor Trumps Rückkehr allgegenwärtig sei. "Moshitora" (Was, wenn Trump?) ist die optimistischste. Es gebe aber auch "Hobotora" (vermutlich Trump) und "Moutora" (jetzt schon Trump). Die Hektik in den Beziehungen wird sich wohl fortsetzen. (Manuel Escher, 11.4.2024)