Eine Person wirft einen Stimmzettel ein.
Stimmenabgabe bei der Parlamentswahl.
IMAGO/Newscom/Yonhap News

Seoul – Bei der Parlamentswahl in Südkorea hat die sozialliberale Opposition einen überwältigenden Sieg über die Regierungspartei des konservativen Präsidenten Yoon Suk Yeol errungen. Der Erfolg der Opposition bedeutet zugleich eine erhebliche innenpolitische Schwächung des Staatschefs. Premierminister Han Duck-soo bot Medienberichten zufolge als Reaktion auf die klare Niederlage des Regierungslagers seinen Rücktritt an.

Nach Auszählung fast aller Stimmen am Donnerstag konnte die Demokratische Partei (Minjoo, DP) von Oppositionschef Lee Jae-myung ihre Stellung als größte Einzelpartei in der 300 Sitze zählenden Nationalversammlung ausbauen. Die Konservativen erlebten das dritte Mal hintereinander bei Parlamentswahlen in Asiens viertgrößter Volkswirtschaft eine empfindliche Schlappe. Yoon versprach, die Staatsgeschäfte zu reformieren.

Wie südkoreanische Sender unter Berufung auf die staatliche Wahlkommission berichteten, stellt die Minjoo zusammen mit ihrer kleineren Schwesterpartei Demokratische Allianz Koreas mit 175 Sitzen künftig mehr als die Hälfte aller Abgeordneten und kommt somit auf eine absolute Mehrheit. Bei der Wahl vom Mittwoch entfielen demnach auf die regierende Volksmacht-Partei (PPP) und ihre Satellitenpartei 108 Sitze.

Rücktrittsgesuch

PPP-Chef Han habe Präsident Yoon sein Rücktrittsgesuch persönlich übermittelt, berichteten der Sender KBS und die Nachrichtenagentur Yonhap am Donnerstag unter Berufung auf Beamte des Präsidialamts. Auch wichtige Berater Yoons und weitere Stabsmitarbeiter in seinem Büro hätten um ihren Rücktritt angesucht. Ausgenommen davon seien Mitarbeiter im Büro für die nationale Sicherheit, hieß es. Ob der Staatschef die Gesuche akzeptiert, war zunächst unklar. Er wolle sich im Namen seiner Partei bei den Bürgern entschuldigen, sagte Han.

Die PPP hat ihr Ziel deutlich verfehlt, eine weitere Stärkung von Mitte-links zu verhindern und die Machtverhältnisse im Parlament zu ihren Gunsten zu ändern. "Ich werde den Willen der Bürger, der durch die Wahl zum Ausdruck kam, bescheiden akzeptieren", wurde Yoon von einem Sprecher zitiert. Zudem wolle er die Regierung reformieren und sein Bestes tun, um die Wirtschaft zu stabilisieren und die Lebensverhältnisse der Menschen zu verbessern.

Folgen für den Präsidenten

Durch den Erfolg der Opposition droht dem Präsidenten nun, während seiner noch verbleibenden drei Jahre im Amt innenpolitisch weitgehend handlungsunfähig zu werden. In Südkoreas Präsidialsystem laufen fast alle wichtigen Entscheidungen über das Staatsoberhaupt. So ernennt der Präsident auch den Premierminister. Allerdings erfordert dessen Ernennung die Zustimmung des Parlaments.

Die Wahl galt als wichtiger Zwischentest für seine Regierung. Die nächste Präsidentenwahl ist für 2027 geplant. Yoon, der die Wahl vor zwei Jahren knapp vor dem DP-Vorsitzenden Lee gewonnen hatte, kann dann nicht mehr wiedergewählt werden. Zwar kann Yoon laut der Präsidialverfassung des Landes auch mit einer Mehrheit der Opposition im Parlament weiterregieren, doch können in diesem Fall wichtige Gesetzesvorhaben der Regierung von der Opposition blockiert werden.

Zur Wahl waren mehr als 44,25 Millionen Bürger aufgerufen. Die Beteiligung lag nach vorläufigen Angaben der Wahlkommission bei 67 Prozent. Das war das der höchste Wert bei Parlamentswahlen seit 32 Jahren. (APA, 11.4.2024)