Sommer.Hunds.Traum Off-Theater bernhard ensemble ulrich seidl shakespeare
Auf dem siedend heißen Asphalt beim Baumarkt-Würstelstand fliegen in "Sommer.Hunds.Traum" über soziale Abgründe hinweg die shakespeareschen Liebespfeile.
Nadine-Melanie Hack

Ulrich Seidls Film Hundstage (2001) infiltriert William Shakespeares Komödie Ein Sommernachtstraum: Seit 15 Jahren betreibt Regisseur Ernst Kurt Weigel vom Bernhard Ensemble eine Mash-up-Reihe, die Theaterstoffen mittels Filmanbindung einen populärkulturellen Anstrich verleiht. Die Dramaturgie hat bisher u. a. folgende Ehen geschlossen: Schnitzler mit Lynch, Horváth mit Tarantino, Nestroy mit den Coen-Brüdern, Handke mit Kubrick oder Qualtinger mit Scorsese. Frauen waren noch nicht dabei.

Das Reizvolle liegt in der gegenseitigen Bespiegelung der Werke und damit einhergehend einer Lockerung der darin enthaltenen Sichtweisen. Auch Sommer.Hunds.Traum im Off-Theater erschließt auf diese Weise neue Räume und weitet die Perspektiven einzelner Figuren. Auf dem siedend heißen Asphaltparkplatz vor einem Baumarkt setzt Weigel rund um einen alpenländisch dekorierten Würstelstand das Personal aus Film und Stück in eins. Beispielsweise wird der Würstelstandbetreiber Ronnie auch Oberronnie gerufen (vulgo Elfenkönig Oberon).

Hofstätterisch

Plot: Anlässlich des 30. Hochzeitstages des Herrn Ingenieur – analog zur Verheiratung von Theseus und Hippolyta bei Shakespeare – proben die maroden Stammgäste und Bediensteten ein Laientheaterstück, das wiederum der Handwerksgruppe im Athener Wald entspricht. Das Alter Ego des Hofnarren Puck wiederum ist jene durch Maria Hofstätter berühmt gewordene Autostopperin und Quasselstrippe aus Seidls Vorstadtwelt. Sophie Resch verkörpert diese ganz hofstätterisch, touretteartig brechen aus ihr Werbeslogans und Hitlisten hervor – eine wie ferngesteuerte Existenz. Nicht alle Ideen geraten zum Besten und sind notwendig. Allerdings gibt es derzeit kein Theater, das wienerischer wäre als dieses bzw. das dem proletarischen Slang und seinem deftigen Schmäh eine derart leidenschaftliche Bühne bietet. (Margarete Affenzeller, 10.4.2024)