Teamtraining
Es wird natürlich trainiert.
APA/EVA MANHART

Freundschaftliches Länderspiel im Ticker: Österreich vs. Türkei, Di., 20.45 Uhr

Ralf Rangnick hat am Montag die Abschlusspressekonferenz für das am Dienstag stattfindende Länderspiel gegen die Türkei (20.45 Uhr, ORF 1) spontan um eine Dreiviertelstunde auf 12.30 Uhr vorverlegt. Das österreichische Fußballnationalteam ist der Zeit irgendwie voraus. Grund war die Verkürzung des Trainings im Happel-Stadion, 40 lockere Minuten reichten vollauf, Rangnick ist ein Feind der Überbeanspruchung. Er und Christoph Baumgartner hätten die freie Zeit bis zur Fragerunde mit Daumendrehen überbrücken müssen, eine Alternative wäre das Spiel "Schere, Stein, Papier" gewesen, aber diesem Stadium sind beide längst entwachsen.

Kapitän Marcel Sabitzer blieb im Hotel, er ist leicht angeschlagen, sein Einsatz äußerst unwahrscheinlich. Also wird Konrad Laimer die Mannschaft aufs Feld führen. Für den Teamchef ist das kein Problem. "Jeder trägt Verantwortung. Die Zeiten im Fußball, wo man sich an drei andere anlehnen konnte, sind längst vorbei."

Gratulant Infantino

Sabitzer wird durch Romano Schmid oder Patrick Wimmer ersetzt, beide konnten beim 2:0 in Bratislava gegen die Slowakei den Boss bei ihren Kurzeinsätzen überzeugen. Fix in die Startformation rückt natürlich Xaver Schlager, der Leipzig-Legionär ist im defensiven Mittelfeld fast schon eine Allzeitgröße, eine Laufmaschine. Alexander Schlager kehrt ins Tor zurück, er ist die offizielle Nummer eins. Patrick Pentz hatte in Bratislava eine Chance bekommen und diese genützt, an der Hierarchie hat das aber nichts geändert.

Das Leben des 24-jährigen Baumgartner hat sich insofern verändert, als er seit Samstag 18 Uhr Weltrekordler ist. Er traf in der siebenten Sekunde, das sorgte für globale Schlagzeilen. Sogar Fifa-Präsident Gianni Infantino hat reagiert, er war nahezu gerührt, schließlich sei das an seinem 54. Geburtstag passiert. "Ein Weltrekord als Geschenk, was gibt es Schöneres!" Baumgartner schrieb zurück, dankte und gratulierte dem Weltverbandspräsidenten. Von Florian Wirtz, der drei Stunden später acht Sekunden benötigt hatte, um Deutschland gegen Frankreich in Führung zu schießen, gab es keine Stellungnahme. "Wenn wir uns sehen, reden wir sicher drüber."

Glaubwürdigkeit gefragt

Baumgartner geht nicht davon aus, dass die Marke gegen die Türkei unterboten wird. Sollten die Gäste die Seitenwahl gewinnen und sich für Anstoß entscheiden, hat sich das Thema sowieso erledigt. Rangnick wurde von den zahlreich anwesenden türkischen Journalisten Honig um den Mund geschmiert, sie bezeichneten ihn als "Welttrainer", "Trainerphilosoph", als einen Mann, um den viele Länder (eigentlich alle) Österreich beneiden. Sie haben ihn übrigens freundlich zu Selfies gezwungen, Rangnick wehrte sich nicht, lächelte tapfer in Smartphones. Er wiederum lobte die türkische Mannschaft, den Aufschwung, an dem Sportdirektor Hamit Altintop großen Anteil hatte.

Rekordler Baumgartner und Teamchef Rangnick.
APA/EVA MANHART

Rangnick bezeichnete Kapitän Hakan Calhanoglu als "Weltklasse". Erst vor kurzem habe er sich mit dem Inter-Legionär in Mailand eine Stunde lang unterhalten. „Ich hätte ihn einst gerne bei Leipzig als Spieler gehabt." Altintop hatte er vor knapp 20 Jahren bei Schalke. Rangnick ist überzeugt, "dass sich die Türkei am Spiel sehr aktiv beteiligen wird. Sie will mitbestimmen, ist eine technisch feine Mannschaft." Österreich will all das natürlich auch. "Am Ende geht es darum, das Spiel für uns zu entscheiden und zu gewinnen.“

Eine ausufernde Motivationsrede wird sich der österreichische Teamchef ersparen. Nicht zuletzt wegen der Glaubwürdigkeit. "Es ist ein Freundschaftsspiel, kein Pflichtspiel." Anders ausgedrückt: Bei der verbalen Motivation muss Luft nach oben sein. Baumgartner verspricht "volle Motivation": "Wir wissen, worum es geht." Er wird wieder der zentrale Freigeist hinter Mittelstürmer Michael Gregoritsch sein, laut Rangnick ist das die beste Position für den Weltrekordler. "Es ist eine Aufgabe von mir als Trainer, dass ich versuche, jeden Spieler auf seine bestmögliche Position zu stellen."

Kein echtes Heimspiel

Im Vergleich zur Slowakei-Partie müsse einiges, vom Ergebnis abgesehen, besser werden, "Wir haben – untypisch für uns – viele leichte Abspielfehler gehabt." Zudem habe man nicht immer die richtigen Situationen gefunden, um das Pressing auszulösen. "Dadurch gab es auch relativ wenig Balleroberungen von uns."

Rangnick kann immerhin auf relativ hohem Niveau jammern. Im Vorverkauf wurden 35.000 Karten abgesetzt, von der Stimmung her ist es ein nahezu idealer EM-Test. Denn es werden mindestens so viele türkische wie österreichische Fans erwartet. Es ist also gar kein echtes Heimspiel, bei der Endrunde in Deutschland wird die Zuneigung auf den Rängen ähnlich verteilt sein. Wobei Wien durch Düsseldorf und Berlin ersetzt wird. Und die Türkei durch Frankreich, die Niederlande und Wales oder Polen.

Keine Streikdrohung

Am späten Montagnachmittag ist der verletzte Marko Arnautovic in Wien eingetroffen, David Alaba, dem das Kreuzband gerissen ist, weilt schon seit Sonntag hier. Das Duo gehört zum Mannschaftsrat, die beiden anderen sind Sabitzer und Laimer. Mit Verbandsgeschäftsführer Bernhard Neuhold wurde die erste Lohnrunde gestartet. Es geht darum, die EM-Prämien zu verhandeln und zu fixieren. Ein Ergebnis gab es natürlich noch nicht.

Die ausgeschnapsten Summen werden traditionell nicht veröffentlicht, Neuhold will "keine Neiddebatte". Eine Streikdrohung oder gar ein EM-Streik ist völlig ausgeschlossen, das österreichische Nationalteam ist weder die AUA noch die Deutsche Bundesbahn. Es will gegen die Türkei einfach nur gewinnen. (Christian Hackl, 25.3.2024)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen:

Österreich – Türkei (Ernst-Happel-Stadion, 20.45 Uhr/live ORF 1, SR Chiffi/ITA)

Österreich: A. Schlager (Red Bull Salzburg/15 Länderspiele) - Posch (Bologna/29/1 Tor), Danso (RC Lens/17/0), Wöber (Borussia Mönchengladbach/22/0), Mwene (FSV Mainz/10/0) - Seiwald (RB Leipzig/21/0), X. Schlager (RB Leipzig/41/3) - Laimer (Bayern München/33/4), Baumgartner (RB Leipzig/35/12), Wimmer (VfL Wolfsburg/9/0) - Gregoritsch (SC Freiburg/52/12)

Ersatz: Pentz (Bröndby IF/5), Lawal (LASK/0) - Lainer (Borussia Mönchengladbach/39/2), Querfeld (SK Rapid/1/0), Daniliuc (Red Bull Salzburg/1/0), Grillitsch (1899 Hoffenheim/41/1), Prass (Sturm Graz/3/0), Schmid (Werder Bremen/8/0), Seidl (SK Rapid/3/0), Cham (Clermont Foot/2/0), Entrup (TSV Hartberg/1/0), Weimann (West Bromwich Albion/22/2)

Es fehlen: Alaba, Kalajdzic (beide Kreuzbandriss), Arnautovic (Muskelverletzung im Oberschenkel), Lienhart (Knieprobleme), Trauner (Oberschenkelverletzung), Baidoo (Syndesmoseriss im Sprunggelenk), Sarkaria (Knöchelbruch), Lang (beim U21-Team)

Fraglich: Sabitzer (Borussia Dortmund/78/17 - angeschlagen)

Türkei: U. Cakir (Trabzonspor) - Celik (AS Roma), Kabak (1899 Hoffenheim), Akaydin (Panathinaikos Athen), Müldür (Fenerbahce Istanbul) - Yüksek (Fenerbahce Istanbul), Calhanoglu (Inter Mailand) - Aktürkoglu (Galatasaray Istanbul), Kökcü (Benfica Lissabon), Yildiz (Juventus Turin) - Ünal (Bournemouth)

Ersatz: Günok (Besiktas Istanbul), Kocuk (Samsunspor), Sengezer (Istanbul Basaksehir) - Ayhan (Galatasaray Istanbul), Demiral (Al-Ahli/RSA), Özkacar (Valencia), Bardakci (Galatasaray Istanbul), Özcan (Borussia Dortmund), Ömür (Trabzonspor), Uzun (1. FC Nürnberg), Yazici (OSC Lille), Arda Güler (Real Madrid), I. Kahveci (Fenerbahce Istanbul), B. A. Yilmaz (Galatasaray Istanbul), Akgün (Leicester City)

Es fehlen: Bayindir (Muskelverletzung), R. Yilmaz (Oberschenkelverletzung), Kadioglu (Wadenverletzung), Söyüncü (Oberschenkelverletzung), Ünder (Leistenverletzung)