"Harry und Florian" sind unterwegs im Wahlkampf um den Bürgermeisterjob in Innsbruck. Florian heißt Tursky und war gerade noch Digitalisierungsstaatssekretär der ÖVP und ist ihr Spitzenkandidat auf seiner Namensliste für die Tiroler Hauptstadt. Harry heißt Prünster und präsentiert seit vielen Jahre im ORF-Programm "Harrys liabste Hütt'n" oder derzeit gerade touristische Ortschaften und Regionen in "Harrys schönste Zeit".

Update: Kein ORF-Vertrag mehr mit Prünster

Nach einer ersten Stellungnahme am Dienstag auf STANDARD-Anfrage zu Prünster ließ der ORF nun am Mittwoch wissen: Mit Ende 2023 schon habe der ORF die Zusammenarbeit mit Prünster beendet, nach einem Auftrag für eine finale Staffel von "Harrys liabste Hütten". Nun würden nur noch Wiederholungen der Prünster-Formate im Programm laufen. Es gebe mit Prünster seit Jahreswechsel keine weiteren Verträge oder Beauftragungen.

Am Dienstag hatte der ORF auf STANDARD-Anfrage noch erklärt: Derzeit habe man keine Handhabe gegen solche Auftritte von externen Präsentatoren; der neue Ethikkodex werde derlei aber auch diesen untersagen. Für Aufsehen sorgte Anfang 2023 etwa Vera Russwurms Moderation des Wahlkampfauftakts der ÖVP Niederösterreich. Russwurms wöchentliches ORF-Talkformat ist inzwischen ebenfalls Geschichte.

"Im neuen Ethikkodex als Unvereinbarkeit geregelt"

Der neue ORF-Verhaltenskodex dürfte solchen Politeinsätzen von ORF-Stars wie Vera Russwurm im Wege stehen – er wird aber nach bisherigen Ankündigungen erst im April per Dienstanweisung von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann offiziell in Kraft gesetzt.

"Nach bestehenden Regulativen gibt es derzeit dagegen keine Handhabe", erklärt ein ORF-Sprecher auf Anfrage. "Das ist nicht im Interesse des ORF, daher werden solche Fälle im neuen Ethikkodex als Unvereinbarkeit geregelt."

Harry Prünster vor Bergpanorama von Dorfgastein für ORF-Format
Zwischen zwei ORF-2-Einsätzen in Wattens und – hier im Bild – Dorfgastein macht ORF-Star Harry Prünster unter der Woche in Innsbruck Wahlkampf mit ÖVP-Bürgermeisterkandidat Florian Tursky.
ORF/DEGN FILM/Sonja Eichholzer

Tursky, van Staa, Platter, Mattle

Diesen Montagabend war bei der Reihe "Reden wir über Innsbruck" von "Harry und Florian" der ehemalige Landeshauptmann Herwig van Staa (ÖVP) im Hotel Sailer zu Gast. Am Mittwoch plaudern die beiden im Promenadencafé mit einer Tiroler Schnittmenge von Politik und Medien – dem ehemaligen Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und dem ehemaligen ORF-Landesdirektor und vormaligen ÖVP-Landesgeschäftsführer und ORF-Stiftungsrat Helmut Krieghofer.

Am Donnerstag dieser Woche reden "Harry und Florian" im Kolpingheim mit der ehemaligen Landesrätin und Seniorenbund-Landesobfrau Patrizia Zoller-Frischauf. Und am Freitag im Café im Grünen im Olympischen Dorf mit Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) und dem langjährigen Rodelverbandspräsidenten Friedl Ludescher.

Gleich am Samstag ist Harry Prünster dann mittags in ORF 2 mit seiner Serie "Harrys schönste Zeit" auf Besuch in Dorfgastein, immerhin nicht in Tirol. Das war schon vorigen Samstag im öffentlich-rechtlichen Fernsehen dran – mit einer Ausgabe über Hall und Wattens.

"Anschein der Befangenheit"

Der neue Verhaltenskodex des ORF regelt Auftritte von ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern etwa bei Moderationen oder auch auf Social Media. Sie dürfen nicht einmal den "Anschein der Befangenheit" liefern. Der Kodex sieht auch dienstrechtliche Konsequenzen vor. Nach Informationen aus dem ORF soll es aber auch Regelungen für nicht angestellte Präsentatoren und Präsentatorinnen geben, mit denen sie vertraglich zu vereinbaren wären.

Bisher war es etwa möglich, dass die langjährige ORF-Moderatorin Vera Russwurm – noch während sie ihre wöchentliche Sendung hatte, die ihre Produktionsfirma dem ORF zulieferte – den Wahlkampfauftakt der ÖVP Niederösterreich Anfang 2023 moderierte.

Update: Ruf nach dem ORF-General

Peter Westenthaler, von der FPÖ in den Stiftungsrat entsandt, sieht Prünsters Wahlkampfeinsatz für Tursky in einer Reaktion auf den STANDARD-Bericht schon jetzt als unvereinbar mit den gesetzlichen Regelungen: Das ORF-Gesetz verlange schon "die Unabhängigkeit von Personen und Organen des Österreichischen Rundfunks, die mit der Besorgung der Aufgaben des Österreichischen Rundfunks beauftragt sind, gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu gewährleisten", argumentiert Westenthaler im Gespräch mit dem STANDARD: "Dafür brauche ich keinen Ethikkodex."

Westenthaler verlangt, dass der ORF hier "eingreife", er erwarte eine "Dienstanweisung des ORF-Generaldirektors" in der Sache: "Es ist unmöglich, dass ein ORF-Moderator Wahlkampf macht – für welche Partei auch immer." Nachsatz: "Bei aller Sympathie" für Prünster.

Wie der ORF erst am Mittwoch kommunizierte, hatte der ORF schon mit Ende 2023 in Sachen Prünster "eingegriffen". (Harald Fidler, 19.3.2024, Update 20.3.2024)