Ulrich Hirn und Alexander Maaß
Ulrich Hirn und Alexander Maaß haben die Thematik ausgiebig erforscht.
Helmut Lunghammer

Loses Papier, das bedruckt aber nicht gebunden ist, beginnt sich nach gewisser Zeit einzurollen - je länger, umso mehr. Papiertechniker an der Technischen Universität Graz sind den physikalischen Mechanismen dahinter auf die Spur gegangen und haben erforscht, wie dieser "Curl", wie ihn Fachleute nennen, entsteht. Die Ursache dürfte demnach im Lösungsmittel der Druckertinte liegen, wie die TU Graz am Mittwoch mitteilte.

Mehrteilige Forschung

Auf den ersten Blick erscheint das Alltagsprodukt Papier wenig geheimnisvoll. Dennoch kann es Rätsel aufgeben. Zum Beispiel jenes, warum bei frisch bedruckten Blättern während der weiteren Lagerung häufig eine erhebliche Wellung zu beobachten ist. Alexander Maaß und Ulrich Hirn vom Institut für biobasierte Produkte und Papiertechnik an der TU Graz haben das Langzeit-Wellenphänomen genauer unter die Lupe genommen - mit Lasersensoren und Hochleistungs-Flüssigkeitschromatografie.

In einem ersten Schritt haben die Forschenden herkömmliches Druckerpapier im DIN-A4-Format einseitig mit einer gängigen Druckertinte - bestehend aus Wasser und dem Lösungsmittel Glycerin - besprüht. Danach haben sie die Krümmung der Papierbögen eine Woche lang mit dem Laserscanner beobachtet: Während nur mit Wasser besprühtes Papier sich nach 24 Stunden nicht weiter einrollte, ging die Papierkrümmung bei der Wasser-Glycerin-Tinte eine ganze Woche lang weiter.

In einem weiteren Schritt haben die Papiertechniker die Papierproben in hauchdünne Lagen aufgetrennt und den jeweiligen Glyceringehalt in den Dünnschnitten mithilfe von Hochleistungs-Flüssigkeitschromatografie erhoben. Hierbei zeigte sich, dass das Glycerin in den oberen Schichten kontinuierlich zurückging, während es in den unteren zunahm. Das Glycerin, das im Gegensatz zu Wasser erst bei sehr hohen Temperaturen verdunstet, wanderte also stetig von der besprühten Seite des Papiers in Richtung Rückseite.

Hier setzt die Erklärung für die Krümmung des Papiers an: Das Glycerin, das ähnlich wie Wasser, Zellulosefasern aufquellen lässt, veränderte allmählich das Volumen der unterschiedlichen Papierschichten: Während die Lagen nahe der besprühten Seite schrumpften, quollen die tieferen Lagen auf. Die sichtbare Folge: Das Papier rollte sich, und zwar kontinuierlich bis zu einer Woche lang.

Bessere Druckprozesse

Die Ergebnisse können künftig zur Verbesserung von Druckprozessen genutzt werden, sodass qualitativ hochwertigere Druckprodukte mit größerer Dimensionsstabilität hergestellt werden können, wie die Forschenden ausführten. "Zur Lösung des Problems könnte man Glycerin durch andere Lösungsmittel ersetzen. Das ist aber nicht so einfach, weil Glycerin der Inkjet-Druckfarbe wichtige Eigenschaften verleiht, die sie erst geeignet für den Tintenstrahldruck macht", betonte Hirn, der zugleich das Christian-Doppler-Labor für Faserquellung und deren Effekt auf die Papiereigenschaften leitet, wo die Versuche durchgeführt wurden. Alternativ könnte man auch die Rückseite des Papiers bedrucken oder mit einem entsprechenden Anteil von Glycerin behandeln.

Ihre Ergebnisse die in Kooperation mit Kelheim Fibres, Mondi Uncoated Fine & Kraft Paper, Canon Production Printing und SIG Combibloc Systems durchgeführt wurden, sind kürzlich in der Fachzeitschrift "Materials & Design" veröffentlicht worden. (APA, 6.3.2024)