Gefrorene Embryonen in Reagenzbehälter.
Gefrorene Embryonen in Reagenzbehälter. Das sind "Kinder", urteilte der Oberste Gerichtshof von Alabama.
APA/AFP/MAURICIO LIMA

Der Oberste Gerichtshof in Alabama hat kürzlich entschieden, dass eingefrorene Embryonen als Kinder betrachtet werden müssen. Dieses Urteil hat für Empörung gesorgt, denn es würde die Versorgung von unfruchtbaren Menschen erheblich behindern und komplizierte rechtliche Frage rund um ihre Behandlung aufwerfen, kritisieren Mediziner:innen und Jurist:innen laut einem Bericht der "New York Times". Alabama ist auch jener Bundesstaat mit einem der strengsten Abtreibungsgesetze der USA.

Am Mittwoch hat die größte Klinik des Bundesstaates Alabama, die Universitätsklinik UAB (The University of Alabama at Birmingham), verkündet, dass sie vorerst keine In-vitro-Behandlungen mehr durchführt, wie ebenfalls die "New York Times" berichtete. Denn man müsse mit einer strafrechtlichen Verfolgung von Patient:innen und Ärzt:innen rechnen. An der UAB werden aber weiterhin Eizellenentnahmen durchgeführt. "Bei der Eizellenentnahme bleibt alles an Ort und Stelle. Die Befruchtung der Eizelle und die Entwicklung des Embryos werden unterbrochen", heißt es in einer Aussendung der UAB. Am Donnerstag erklärte ein weiterer IVF-Anbieter, Alabama Fertility Services, neue Behandlungen wegen rechtlicher Risiken vorerst nicht mehr durchzuführen.

Antlitz Gottes

Die Richter:innen verkündeten das Urteil am 16. Februar 2024. Sie begründeten ihre Entscheidung unter anderem mit einem Gesetz aus dem Jahr 1872. Dieses erlaubt Eltern Klagen, wenn ihr "ungeborenes Kind" widerrechtlich getötet wurde – und das gelte ausnahmslos und somit auch, wenn es sich außerhalb der Gebärmutter befindet.

Anlass für die Auseinandersetzung mit dem Thema durch den Obersten Gerichtshof in Alabama war ein Berufungsverfahren eines Paares, dessen Embryonen 2022 zerstört wurden. Ein anderer Patient hatte die Embryonen aus den Stickstofftank geholt und sie auf den Boden fallen lassen.

Bereits vor der Geburt hätten "alle Menschen das Antlitz Gottes", schreibt der Oberste Richter Tom Parker, "ihr Leben kann nicht zerstört werden, ohne seine Herrlichkeit auszulöschen".

Das Urteil löste nicht nur bei Reproduktionsmediziner:innen Bestürzung aus: "Diese Entscheidung ist ungeheuerlich – und sie nimmt Frauen die Freiheit zu entscheiden, wann und wie sie eine Familie gründen wollen", schrieb Vizepräsidentin Kamala Harris auf dem Kurznachrichtendienst X. Auch US-Präsident Joe Biden bezeichnete die Entscheidung als "ungeheuerlich und inakzeptabel".

Bei der In-vitro-Fertilisation werden Frauen so viele Eizellen wie möglich entnommen, um sie zu befruchten und Embryonen zu erzeugen. In der Regel werden ein oder zwei Embryonen in die Gebärmutter übertragen, um die Chancen auf eine erfolgreiche Einnistung zu maximieren. Die übrigen Embryonen werden meist für eine mögliche künftige Verwendung eingefroren.

Es sei genau die "Art von Chaos", dem mit dem Fall des Grundsatzurteile Roe v. Wade der Weg geebnet wurde, sagte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre. Das ermögliche nun, die "persönlichsten Entscheidungen" zu diktieren.

Nikki Haley ist dafür

Die republikanische Bewerberin um die Präsidentschaftskandidatur und Trump-Herausforderin Nikki Haley begrüßte das Urteil. "Für mich sind Embryonen Babys", sagte Haley am Mittwoch in einem Interview mit NBC News. "Wenn man von einem Embryo spricht, ist das für mich Leben."

Laut Zahlen des Pew Research Centers haben zwischen 2017 und 2019 zehn Prozent der US-amerikanischen Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren in irgendeiner Form eine Furchtbarkeitsbehandlung in Anspruch genommen. Laut dem Centers for Disease Control and Prevention waren im Jahr 2021 91.906 Geburten auf Reproduktionstechnologien zurückzuführen, berichtet die "New York Times". (beaha, 22.2.2024)