Es ist das letzte große innerstädtische Areal, und seine Entwicklung geht jetzt wirklich los: Am ehemaligen Wiener Nordwestbahnhof im 20. Bezirk sollen bald 16.000 Menschen leben und 5.000 Menschen arbeiten. Der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan ist nun in öffentlicher Auflage, bis 2. November können Stellungnahmen abgegeben werden.

Visualisierung der geplanten Bebauung des Nordwestbahnhof-Areals in Wien.
Auf dem Nordwestbahnhof-Areal sollen Wohnungen für rund 16.000 Menschen errichtet werden, 60 Prozent davon gefördert.
ÖBB Immo

Und das wird wohl auch häufig passieren, denn die Pläne sorgen für Unmut. So kritisierte der Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung, dass an der Vorgabe, wie viele Parkplätze errichtet werden müssen, nicht geschraubt wird. "Es wird dringend empfohlen, die Anzahl der Pkw-Stellplätze zu reduzieren und ein Stellplatzregulativ nach dem Stand der Technik – im Sinne einer klimaneutralen Stadt – festzusetzen", heißt es in der Stellungnahme, die auf der Website der Stadt Wien öffentlich einsehbar ist (pdf).

"Sinnlose und teure Auflagen"

Auch von den Grünen kam Kritik an diesem Punkt. Bauträgern würden "sinnlose und teure Auflagen gemacht", sagt Grünen-Planungssprecher Kilian Stark. "Altes Denken" beherrsche die Wiener SPÖ, die das Planungsressort innehat.

Visualisierung der grünen Mitte.
Die grüne Mitte soll autofrei werden, in den Wohnhäusern sind aber zu viele Stellplätze geplant, so lautet die Kritik von grüner Seite, aber auch vom Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung.
ÖBB Immo

Allerdings: Zum Zeitpunkt der ersten Baugenehmigungen wird schon die neue Bauordnung bzw. das neue Wiener Garagengesetz gelten. Wie berichtet, wird die Bauordnung gerade novelliert, die endgültige Fassung nach dem schon länger abgeschlossenen Begutachtungsverfahren ist seit kurzem online. Im neuen Stellplatz-Zonenmodell, das nun eingeführt wird, liegt der Nordwestbahnhof in Zone 1 – dort müssen nur 70 Prozent der vorgeschriebenen Stellplätze errichtet werden.

60 Prozent geförderter Wohnbau

Kritisiert wird aber auch, dass das riesige Areal nicht zu zwei Dritteln mit geförderten Wohnungen bebaut wird, sondern nur zu 60 Prozent. Denn eigentlich wäre hier die Zweidrittelregelung anzuwenden, die mit der Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau" im Jahr 2018 eingeführt wurde. Vom Fachbeirat wird diese Reduktion zwar unter Verweis auf die vorgesehenen "öffentlichen Leistungen" in Form von Schulen und Grünraum gebilligt. Dennoch werde der freifinanzierte Wohnbau mit einem geplanten Anteil von 40 Prozent am gesamten Volumen wohl "keinen überragenden Beitrag zur Wohnraumversorgung von Wien" darstellen.

Eine weitere Visualisierung, wie der neue Stadtteil einmal aussehen soll.
Ab Mitte nächsten Jahres soll das Areal "technisch freigemacht" werden, inklusive Entsiegelungen, heißt es von den ÖBB. Danach kann es losgehen mit dem Bau.
ÖBB Immo

Auf die 60/40-Regelung hatte sich die ÖBB als Grundeigentümer (genau genommen ist es die ÖBB Infra AG) letztlich mit der Stadt Wien geeinigt. Argumentiert wird das damit, dass das Projekt Nordwestbahnhof schon lange läuft. Auch beim "Neuen Landgut" und beim "Village im Dritten" wurde die Zweidrittelregelung noch nicht angewandt. Immerhin: Von den 60 Prozent wird ein knappes Drittel als "neue" Gemeindewohnungen der Stadt Wien errichtet.

Insgesamt sind rund 880.000 Quadratmeter an Bruttogeschoßfläche möglich, etwa 670.000 davon – grob gerechnet also drei Viertel – werden Wohnobjekte werden, insgesamt rund 6.500 Einheiten. 60 Prozent davon macht rund 3.900 geförderte Wohnungen. Mit der Anwendung der Zweidrittelregelung könnten es aber 4.333 sein, kritisieren die Grünen.

Visualisierung: Zwei Backsteinbauten bleiben auf dem Gelände erhalten.
Zwei Backsteinbauten bleiben erhalten.
ÖBB Immo

Viele Flächen im Baurecht

Rund ein Viertel der Liegenschaften wird verkauft werden, der Rest wird im Baurecht vergeben, sagte ÖBB-Immo-Chefin Claudia Brey vor wenigen Tagen auf einer Pressekonferenz anlässlich der Immobilienmesse Expo Real in München. Abhängig ist das davon, zu welchen Preisen die Liegenschaften verkauft werden können. Die Kosten für Planungen und bauliche Vorleistungen will man mit den Verkäufen hereinspielen, danach setzt man bei den ÖBB auf die laufende Rendite aus der Vergabe der Baurechte.

Für das erste Quartal 2024 ist der Beschluss der Flächenwidmung im Gemeinderat geplant, im Mai oder Juni soll dann die "technische Freimachung" der Flächen beginnen, inklusive großflächiger Entsiegelung. Für 2026 sind die ersten Baustarts geplant, ab 2027 wird die "Grüne Mitte" errichtet. Zwei Backsteinbauten aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, darunter die sogenannte Kosmoshalle, sollen dabei erhalten bleiben. (Martin Putschögl, 21.10.2023)