ChatGPT, Midjourney und Co: Immer mehr Menschen nutzen generative künstliche Intelligenz (KI) am Arbeitsplatz. Zu diesem Ergebnis kam eine Umfrage des IT-Sicherheitsunternehmens Cyberhaven. Demnach haben im Juni bereits 10,8 Prozent aller Angestellten weltweit ChatGPT mindestens einmal im Job eingesetzt – im Februar waren es noch rund 5,5 Prozent.

Auch auf einen Social-Media-Aufruf des STANDARD meldeten sich Beschäftigte aus unterschiedlichen Branchen und Berufen, berichteten von ihrem Umgang mit KI. Manche von ihnen fallen sogar in die Kategorie Power-User: "Ich nutze ChatGPT zwei bis vier Stunden täglich", schreibt ein Selbstständiger. Er behauptet von sich dadurch deutlich produktiver zu sein. Besonders beliebt ist der KI-Chatbot zur Unterstützung bei textbasierten Aufgaben – von Presseaussendungen bis Produktbeschreibungen. Aber auch die Bild-KI Midjourney oder Github Copilot zur automatischen Vervollständigung von Code werden laut den Erfahrungsberichten im Arbeitsalltag verwendet.

Und das scheint ganz im Sinne der Entwickler zu sein. Das Unternehmen OpenAI, von dem das KI-Textprogramm entwickelt wurde, startet nun sogar eine eigene Version für Firmen. Die neue Business-Version solle den Sicherheits- und Vertraulichkeitsanforderungen professioneller Anwender gerecht werden. "Wir glauben, dass KI bei vielen Aspekten unseres Arbeitslebens hilfreich sein kann und Teams kreativer und produktiver macht", hieß es weiter in der Mitteilung von OpenAI. Aber ist der Einsatz von KI im Job derzeit überhaupt erlaubt – vor allem wenn die Chefin oder der Chef nichts davon weiß?

Mensch und Roboter geben sich die Hand
Aufgaben komplett an eine KI abgeben? Keine gute Idee, sagt Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak.
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Frage: Dürfen Beschäftigte künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz grundsätzlich verwenden?

Antwort: KI ist in Österreich bislang eine rechtliche Grauzone, sagt Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak. Es gebe weder entsprechende Gesetze noch Rechtsprechung zum Einsatz von künstlicher Intelligenz im Job. Unzulässig sei die Verwendung am Arbeitsplatz deswegen nicht: "Wir nutzen ja auch andere Programme und technische Hilfsmittel, um unseren Job zu machen", erklärt die Expertin. Aus Sicht des Arbeitsrechts sei generative KI nicht anders zu bewerten als andere Software.

Frage: Müssen Beschäftigte die Nutzung von KI kommunizieren?

Antwort: Aus der arbeitsrechtlichen Treuepflicht könne sich laut der Expertin in diesem Zusammenhang eine Offenlegungspflicht über den Einsatz von KI-Tools ergeben. "Vor allem wenn Arbeitgeber berechtigte Einwände gegen die Nutzung haben könnten", sagt sie. Beschäftigten, die KI im Job nutzen wollen oder es bereits tun, rät sie, das Gespräch mit Vorgesetzten zu suchen. Im besten Fall sollten Firmen jedoch selbst aktiv werden und Leitfäden ausarbeiten.

Frage: Welche Konsequenzen drohen, wenn Beschäftigte KI-Tools im Job ohne Erlaubnis nutzen?

Antwort: Wer die Verwendung nicht nur verschweige, sondern lüge, bringe sich in Schwierigkeiten: "Das könnte zu einer Vertrauensunwürdigkeit führen, die ein Entlassungsgrund sein kann", erklärt Körber-Risak. Es können Folgeprobleme hinzukommen, wenn von der KI generierte Texte, die falsche Informationen enthalten, genutzt werden. Aufgaben komplett an eine KI auszulagern und Inhalte ungeprüft zu übernehmen könnte somit nicht nur wegen der persönlichen Arbeitspflicht zum Problem werden.

Frage: Können Firmen ihren Mitarbeitenden den Einsatz von KI verbieten?

Antwort: Ja, sagt Körber-Risak. Internationale Beispiele für Verbote oder stark eingeschränkte Nutzung in Firmen sind Apple, Amazon und Samsung. Als Begründung werden in erster Linie Bedenken wegen des Datenschutzes genannt. Und auch hierzulande können Unternehmen die Nutzung am Arbeitsplatz untersagen, erklärt die Expertin. Ganz unbegründet scheint diese Sorge nicht, laut Cyberhaven-Umfrage haben bereits 8,6 Prozent Firmendaten mit ChatGPT geteilt – 4,7 Prozent sogar hochsensible Daten. Ein weiterer Grund könnten laut der Expertin mögliche Urheberrechtsverletzungen sein: "Man weiß nie genau, wo die Inhalte herkommen und ob diese urheberrechtlich geschützt sind." Im Fall eines Plagiats würde der Arbeitgeber haften.

Frage: Wie kann ein Umgang mit generativer KI noch aussehen?

Antwort: Im Gegensatz zu strikten Verboten setzen viele Universitäten und Hochschulen bereits auf Regelungen für den Einsatz von KI. "Diese könnten auch als Vorlage für Unternehmen dienen", sagt Körber-Risak. Die Arbeitsrechtsexpertin erachtet diesen Ansatz als sinnvoller, da eine Eindämmung der Nutzung und Kontrollen ohnehin schwer umsetzbar seien.

Frage: Können Firmen den Einsatz von KI auch verlangen, damit Beschäftigte effizienter arbeiten?

Antwort: Ja, sagt die Expertin. Eine Verwendung von Hilfsmitteln könne der Arbeitgeber durchaus anordnen. Dies gelte vor allem für Programme, die Arbeitsprozesse vereinfachen. Zum Beispiel wenn Formulare von der KI ausgefüllt und anschließend nur noch von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter überprüft werden müssen. Künstliche Intelligenz ist schon jetzt in vielen Bereichen ein Bestandteil des Arbeitsalltags.

Frage: An welchen arbeitsrechtliche Regelungen im Umgang mit KI wird bereits gearbeitet?

Antwort: Im Juni hat sich das EU-Parlament auf eine gemeinsame Position zum "Artificial Intelligence Act" (kurz AI Act) geeinigt. Mit dem Gesetzespaket wird angestrebt, die Verwendung von künstlicher Intelligenz in ein Regelwerk zu gießen, um Missbrauch der Technologie zu verhindern. "Der AI-Act ist ein Riesenprojekt, das auch in Hinblick auf das Arbeitsrecht viel sinnvolles umfasst", sagt Körber-Risak. Als Beispiel nennt sie, "dass jede Entscheidung, die von einer KI getroffen wird, von einem Menschen überprüft werden muss." Wann das KI-Regelwerk tatsächlich umgesetzt werde, sei aber noch offen. "Ich denke, dass Unternehmen selbst deutlich schneller reagieren sollten", sagt sie. Eine Auseinandersetzung der österreichischen Gesetzgebung mit der Thematik hätte die Arbeitsrechtsexpertin noch nicht bemerkt. (Anika Dang, 6.9.2023)