Zwei Hände stützen sich ab.
Man schätzt, dass in den USA derzeit bis zu 23 Millionen Menschen an Long Covid leiden (Symbolbild).
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Bethesda – Die USA wollen mit einem enormen Aufwand zu wirksamen Maßnahmen gegen Long-Covid kommen. Jetzt wurde mit mehr als einer Milliarde Dollar das sogenannte Recover-Projekt gestartet, in dem zumindest elf mögliche Therapien gegen schwere Folgeprobleme von Covid-19 getestet werden, teilten die nationalen US-Gesundheitsinstitute (NIH) mit.

"Wir wissen, dass wir niemals schnell genug handeln können, wenn Patienten leiden. Die NIH sind entschlossen, einen umfassend koordinierten und streng wissenschaftlichen Ansatz zu verfolgen, um Behandlungsmöglichkeiten für die Millionen Menschen zu identifizieren, die mit Long Covid leben", sagte der geschäftsführende Direktor der US-Gesundheitsinstitute, Lawrence Tabak, anlässlich der Vorstellung des Programms.

Geschätzt bis zu 23 Millionen Long-Covid-Erkrankte in USA

Man schätzt, dass in den USA derzeit bis zu 23 Millionen Menschen an Long Covid leiden. Laut einer Untersuchung der US-Kaiser-Familienstiftung dürften etwa 15 Prozent der Patientinnen und Patienten nach einer Covid-19-Erkrankung solche Symptome entwickeln, etwa sechs Prozent weisen sie nach der Akuterkrankung anhaltend auf.

Elf Behandlungsmöglichkeiten werden untersucht

In den USA sollen jetzt jedenfalls sehr schnell und intensiv zumindest elf Behandlungsmodalitäten für verschiedene Erscheinungsformen von Long Covid untersucht werden.

Ein Subprogramm des Projekts (Recover-Vital) soll eine gegenüber der üblichen Anwendung des Covid-19-Medikaments Paxlovid (Nirmatrelvir/Ritonavir; normalerweise fünf Tage) verlängerte Einnahme des Arzneimittels auf seine Wirksamkeit auf die anhaltenden Symptome testen.

Ein neurologisches Detailprojekt (Recover-Neuro) wird mögliche Therapien – zum Beispiel Computer-Trainingsprogramme und ein von außen auf das Gehirn wirkendes Elektro-Stimulationsverfahren – auf Konzentrationsstörungen, "Brain-Fog" und andere kognitive Probleme untersuchen.

Im Rahmen eines dritten Projekts (Recover-Sleep) sollen Schlafstörungen und Hypersomnie, also permanente Schläfrigkeit, angegangen werden. Das vierte Teilprogramm ist schließlich Recover-Autonomic. Manche Long-Covid-Patienten weisen Störungen des autonomen Nervensystems mit Herzrhythmusstörungen und ähnlichen Beschwerden auf. Hier sollen auch Medikamente in klinischen Studien zum Einsatz kommen, die sonst bei Immunerkrankungen oder bei chronischer Herzschwäche verwendet werden.

Ein fünftes Programm wird sich schließlich mit der Förderung der physischen Belastungsfähigkeit beschäftigen. Das Gesamtprojekt ist mit 1,15 Milliarden Dollar (rund eine Milliarde Euro) dotiert.

Daten aus Europa

Zu dem Problem von Long Covid gibt es auch Daten aus Europa. Wissenschafter der Berliner Universitätsklinik Charité gehen davon aus, dass etwa zehn Prozent der Patienten mit einer leichten bis mittelschweren Covid-19-Erkrankung auch nach der akuten Phase mehr als vier Wochen an Symptomen wie Erschöpfung und Belastungsintoleranz leiden. Halten diese Symptome mehr als vier Wochen an, spricht man von Long Covid, nach mehr als drei Monaten vom Post-Covid-Syndrom (WHO-Definition). Frauen sind überproportional häufig von diesen Problemen betroffen. (APA, 7.8.2023)