Die Töne der neuen E-Autos werden variieren.

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Die Elektromobilität hat auch ihre Tücken. Dass die Motoren kaum zu hören sind, ist zwar grundsätzlich erfreulich, doch der leise Antrieb erhöht auch die Gefahr, gar nicht registriert zu werden. Ganz im Unterschied zu Benzinern und Dieselfahrzeugen, die nicht zu überhören sind, wenn sie um die Ecke biegen. Hybrid- und Elektroautos müssen ab heute, 1. Juli, ein akustisches Warnsignal aussenden. An dem Tag tritt eine EU-Verordnung in Kraft, die allerdings nur für Neuwagen Gültigkeit hat. Bereits zugelassene Autos müssen also nicht aufgerüstet werden.

Geräusch bis 20 km/h

Das Signalsystem heißt AVAS und steht für Acoustic Vehicle Alerting System, das Fußgänger und Radfahrer schützen soll. Es aktiviert sich beim Anfahren und wird bei 20 km/h abgedreht, weil dann das Abrollgeräusch der Reifen meistens lauter als der Motor selbst ist. Vorgegeben ist, dass die E-Autos ähnlich wie Verbrenner klingen müssen. Außerdem soll durch Lautstärke- und Frequenzänderung hörbar sein, ob ein Fahrzeug beschleunigt oder bremst.

Allerdings gibt es hier einigen Spielraum. "Die Hersteller nutzen diese neue Möglichkeit, um ihre Fahrzeuge durch eigene Sounds erkennbar zu machen", berichtet Martin Hoffer vom ÖAMTC. Autobauer wie Daimler, BMW und Audi basteln deshalb an einem möglichst futuristischen Sound für ihre batteriebetriebenen Modelle. "Das Geräusch eines Elektroautos ist seine Identität", sagte Frank Welsch, der bei Volkswagen für die technische Entwicklung verantwortlich ist, kürzlich. "Es darf nicht zu aufdringlich oder nervig sein. Es muss futuristisch klingen und darf sich nicht wie etwas anhören, was es schon gibt."

Eine Prestigefrage

Bei leistungsstärkeren Modellen kommt hinzu, dass der Sound, den sie erzeugen, in den Augen des Fahrers auch eine Prestigefrage ist. Schwere Geländewagen dürfen sich nicht anhören wie eine surrende Nähmaschine. "Sie brauchen einen selbstbewussteren Klang, mit mehr Bass", erklärte Welsch.

Mercedes hat der Elektro-Limousine EQC ein künstliches Brummen verpasst, das Fußgänger warnen soll, den Fahrer aber nicht stört. "Wir wollen, dass das Auto von innen so leise wie möglich ist", sagt Jochen Hermann, der für die Entwicklung der Elektrofahrzeuge des Stuttgarter Autobauers zuständig ist. Ein Elektro-Mercedes-Benz müsse sich ebenso vornehm anhören wie ein Modell mit Verbrennungsmotor. Drei Geräusch-Varianten standen zur Wahl, als sich Mercedes vor einem Jahr entschied.

Bei der Sportwagen-Tochter Mercedes-AMG, für deren Käufer der robuste Sound der Acht- und Zwölf-Zylinder-Motoren ein wichtiger Grund für den Kauf ist, geht man einen anderen Weg: AMG arbeite auf der Suche nach einem überzeugenden Klang für die Elektro-Varianten mit der amerikanischen Rockband "Linkin Park" zusammen, sagt AMG-Chef Tobias Moers. "Sound ist definitiv etwas, was die Identität eines Autos prägt", ist auch Esther Bahne überzeugt, die bei BMW für Strategie und Innovation der Kleinwagen-Marke zuständig ist.

Ausnahme vom Luft-100er

Elektroautos werden – ebenfalls ab Montag – im Immissionsschutzgesetz Luft (IG-L) von abschnittsweisen Tempolimits auf heimischen Autobahnen und Schnellstraßen ausgenommen. "Wir setzen so einen weiteren Anreiz, um Elektromobilität in Österreich zu stärken", sagte Elisabeth Köstinger (ÖVP), die als Umweltministerin das Gesetz gemeinsam mit Ex-Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) auf den Weg gebracht hat.

Österreich liege bei den Neuzulassungen von E-Fahrzeugen schon im europäischen Spitzenfeld. "Gute Förderungen und Maßnahmen wie diese, erhöhen weiter den Anreiz auf saubere E-Mobilität umzusteigen", so die Abgeordnete. Auch Hofer zeigte sich erfreut: "Mit der Aufhebung der Tempolimits für Besitzer von E-Autos wollen wir einen weiteren Impuls für den Absatz solcher Fahrzeuge setzen. Österreich setzt damit einen wichtigen Impuls zur Dekarbonisierung".

Grünes Schild erforderlich

Die Ausnahme vom "Luft-100er" gilt für Fahrzeuge, die über eine Kennzeichentafel mit grüner Schrift verfügen. Diese Nummernschilder können seit April 2017 für Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb beantragt werden. Der Zulassungsbesitzer kann sein E-Auto auf Wunsch aber auch mit Kennzeichen mit herkömmlicher schwarzer Schrift anmelden.

Die Ausnahme gilt für Streckenabschnitte im hochrangigen Straßennetz (Autobahnen und Schnellstraßen), bei denen eine Geschwindigkeitsbegrenzung nach IG-L vom jeweiligen Landeshauptmann angeordnet wurde. Dies betrifft zurzeit die Bundesländer Tirol, Salzburg, Steiermark, Oberösterreich und Kärnten auf insgesamt über 400 Kilometern. (red, 30.6.2019)