Franz-Jonas-Mittelschule
Übergriffe unter Schülern: "Einer hat meinen Kopf auf den Tisch geschlagen."
Heribert Corn

Max* wollte seine zweite Chance nützen. Aus der alten Schule war er nach einer Schlägerei hinausgeflogen, im Wiener Bezirk Floridsdorf stand ein Neuanfang an. Doch einigen Klassenkameraden habe nicht gefallen, dass er im Unterricht oft aufzeigte und auch viel wusste, erzählt der 13-Jährige. Die fünfköpfige Gruppe habe ihn mit Fausthieben und Watschen traktiert und versucht, ihm Geld abzupressen: "Einer hat meinen Kopf auf den Tisch geschlagen."

Hoher Leidensdruck

Fälle wie diese seien zwar nicht von der Härte, aber vom Muster her durchaus typisch, sagt Christian Klar, Direktor der Mittelschule. Meist erfahre er erst dann davon, wenn der Leidensdruck enorm sei – und das Kind aus Angst nicht mehr in der Schule auftauche.

In Max’ Klasse waren die Rädelsführer offenbar zwei Afghanen, die als unbegleitete Minderjährige nach Österreich kamen. Doch Klar warnt davor, Gewaltakte wie diese als Spezialität mutmaßlich brutalisierter und unintegrierter Flüchtlingskinder zu punzieren; Täter seien oft genug auch hierzulande geboren. Natürlich hätten die allermeisten Migrationshintergrund – aber das treffe, inklusive Mobbingopfer Max, auf die gesamte Population der Schule zu.

Fälle ohne Hoffnung

Der Pädagoge sieht eine andere Konstante. In der Regel stammten die Aufrührer aus dem Kreis der – wie er es ausdrückt – "überaltrigen" Schülerinnen und Schüler: Kinder, die wegen mangelnder Deutschfähigkeiten oder anderer Gründe bereits in jungen Jahren den Anschluss versäumten. Weil diese für die Volksschule etwa sechs statt vier Jahre gebraucht haben, sitzen sie dann unter viel jüngeren Klassenkameraden in der Mittelschule. Zu diesem Zeitpunkt sei oft schon alles verloren: "Es ist ihnen völlig egal, ob sie einen Schulabschluss machen oder nicht."

Schuldirektor Christian Klar führt einen schwierigen Kampf gegen Unruhestifter: "Es ist ihnen völlig egal, ob sie einen Abschluss haben."
Heribert Corn

Für diese Klientel brauche es spezielle Schulplätze, glaubt Klar, der politisch für die ÖVP aktiv ist. Das sei natürlich schwierig, weil Ghettoisierung drohe – und wer wolle dort schon unterrichten? "Aber die anderen Kinder haben ein Recht, ungestört und unbedroht in die Schule zu gehen", so der Direktor. Seiner Erfahrung nach seien es oft einzelne Unruhestifter, die Erfolgsstorys bei der Integration im Weg stünden.

An seiner Schule, die ab Herbst am städtischen Antimobbingprogramm "Respekt: Gemeinsam stärker" teilnimmt, hat Klar "Time-out"-Klassen eingerichtet: Wer nicht mehr tragbar sei, müsse dort bis zu einer Woche lang allein die Schulbank drücken. Unterschiedliche Pausenzeiten verhindern Kontakt mit Freunden.

Hauptzweck sei der Schutz der anderen, sagt Klar. Doch zumindest der leidgeprüfte Max bemerkt auch einen Effekt bei Übeltätern. Das Mobbing habe aufgehört: "Sie greifen mich nicht mehr an." (Gerald John, 20.4.2024)